HIER DIE PETITION UNTERSCHREIBEN
Die Wohnraumsituation in der EU ist katastrophal. Mehr als 85 Millionen Menschen in der Europäischen Union können die finanzielle Belastung für das Wohnen kaum noch tragen. Zu viele Menschen leben in schlechten oder maroden Wohnungen. Die Wartelisten für Sozialwohnungen bzw. bezahlbaren Wohnraum werden immer länger. Millionen Menschen drohen Energiearmut, Räumung und Obdachlosigkeit. Diese bereits bestehende tiefe Ungleichheit wird durch die COVID-19-Krise noch verschärft.
Es ist an der Zeit, die Wohnraumkrise in der EU anzugehen. Das Wohl unserer Union hängt davon ab. Es ist an der Zeit, die politische Agenda der EU zu überdenken, damit die Wohnungsfrage den ihr gebührenden Stellenwert erhält.
Eine Wohnung ist mehr als nur eine Anschrift: Sie ist das Umfeld, in dem wir leben, lieben, unsere Zukunft aufbauen und immer häufiger auch arbeiten. Sie ist der Anker, den wir für eine Beschäftigung und andere sich bietende Chancen brauchen. Sie ist der Ort, an dem wir uns vom Druck des Alltags erholen und Atem schöpfen. Alle Bürgerinnen und Bürger sollten das Recht auf ein gutes und bezahlbares Zuhause nach einem ganzheitlichen Wohnraummodell haben. Wenn uns dies gelingt, sind wir einen großen Schritt weiter auf dem Weg hin zur Chancengleichheit und mehr sozialem Zusammenhalt in unserer Union.
Wohnraum muss zur obersten Priorität für die Europäische Union werden, deren Maßnahmen durchgehend dazu beitragen müssen, alle Menschen mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Die Verpflichtungen der europäischen Säule sozialer Rechte dürfen keine leeren Worte bleiben. Soziale Ziele, die unsere Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, ihr Lebensumfeld mitzugestalten, wozu auch bezahlbarer Wohnraum gehört, müssen Priorität bei der Umsetzung der Agenda 2030 in der EU haben. Wohnungspolitische Ziele müssen rechtlich ebenso durchsetzbar sein wie Umweltziele, Haushaltskonsolidierung und Finanzstabilität.
Investitionen in bezahlbaren Wohnraum zahlen sich aus. Sie sind ein wesentliches Instrument zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und territorialer Segregation. Sie tragen dazu bei, inklusive Lebensräume zu schaffen und die Klimaziele zu verwirklichen (36 % der Treibhausgasemissionen der EU entfallen auf Wohngebäude), und sie haben positive Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft.
Wir glauben an ein Europa mit mehr Zusammenhalt, das jeden Menschen schützt, indem es dafür sorgt, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen angemessenen Platz zum Leben haben. Dies gilt vor allem für schutzbedürftige Gruppen. Wir glauben, dass wir gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie den Städten und Regionen die Klimakrise eindämmen können, indem wir für einen Wohnungssektor sorgen, der energieeffizienten Wohnraum bereitstellt. Auf lokaler und regionaler Ebene müssen wir alles dafür tun, um eine inklusive Gesellschaft und eine innovative Zusammenarbeit in der Wohnungsfrage zu fördern.
Wir fordern von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten:
- einen europäischen Deal für Wohnungsbau mit einem verlässlichen Monitoringsystem auf europäischer und nationaler Ebene, das auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einbezieht,
- mehr Investitionen in bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum, mit denen die Investitionslücke in Höhe von 600 Milliarden Euro aus den letzten zehn Jahren geschlossen wird, zur Schaffung neuen Wohnraums, zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks durch Renovierung und zur Schaffung lebenswerter Wohnviertel gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern,
- ein klares Bekenntnis dazu, dass öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau zu mehr Wohngerechtigkeit führen, wobei Investitionen an verbindliche Auflagen geknüpft werden müssen, etwa Mieterschutz und Bezahlbarkeit,
- ein Ende der Sparmaßnahmen, das den nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Investitionen in den Wohnungsbau gestattet, so dass sie die Verfügbarkeit ausreichender, angemessener und bezahlbarer Sozialwohnungen für alle verbessern können (die Grenze für die Überbelastung durch Wohnkosten sollte bei höchstens 25 % des verfügbaren Haushaltseinkommens liegen),
- die Überarbeitung der EU-Regeln für staatliche Beihilfen, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung sowie die Aufnahme des Wohnungsbaus in die Liste der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, was die Konzipierung umfassender Strategien für die Wohnraumversorgung ermöglicht,
- einen europäischen Rahmen zur Regulierung der negativen Auswirkungen digitaler Plattformen auf den Wohnungsmarkt,
- Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Spekulation und Geldwäsche auf dem Wohnungsmarkt durch ein Transparenzregister und die Schaffung lokaler Mietenkontrollsysteme sowie Regulierung des Immobilienmarkts,
- die Aufnahme der Frage der Bezahlbarkeit von Wohnraum in das Europäische Semester und die nationalen Reformprogramme und
- Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der Partnerschaft Wohnungswesen der EU-Städteagenda bei der Ausarbeitung künftiger EU-Strategien für die Versorgung mit Wohnraum.
Unterzeichner/-innen:
Christophe Rouillon, Vorsitzender der SPE-Fraktion im Europäischen Ausschuss der Regionen
Iratxe García Pérez, Vorsitzende der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament
Sergei Stanichev, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas
Heléne Fritzon, Mitglied des Europäischen Parlaments
Agnes Jongerius, Mitglied des Europäischen Parlaments
Estrella Durá Ferrandis, Mitglied des Europäischen Parlaments
Manuel Pizarro, Mitglied des Europäischen Parlaments
Maria Joao Rodrigues, Vorsitzende der Stiftung für progressive europäische Studien (FEPS)
Lásló Andor, Generalsekretär der Stiftung für progressive europäische Studien (FEPS)