Dieses Interview mit SPE-Fraktionsmitglied Antje Grotheer, Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft, ist Teil unserer Kampagne #SafePlace4Women und unserer Reihe „#ProgressiveLocalStories“, die darauf abzielt, das Bewusstsein für die vielen positiven Initiativen zu schärfen, die von fortschrittlichen Städten und Regionen in Europa umgesetzt werden, um ein soziales, faires und nachhaltiges Europa zu fördern.
Was macht Bremen zum Vorreiter bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen?
Ich halte es für wichtig, auf verschiedenen Ebenen gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen. 2022 hat Bremen einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention aufgestellt. In dem Aktionsplan wird der aktuelle Stand der einzelnen Bereiche der Istanbul-Konvention analysiert und es werden Schlüsse zur Verbesserung der Lage gezogen. Er enthält Handlungsansätze für Institutionen und Verfahren sowie Maßnahmen zur Prävention von Gewalt, zur Sensibilisierung, zur Schulung von Fachpersonal zwecks Erkennung möglicher Opfer von Gewalt und zur Aufklärung der Öffentlichkeit über das Thema.
An der Entwicklung der Strategie haben die Ressorts des Bremer Senats und Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft zusammen mit der Zivilgesellschaft und Fachvertretern verschiedener Bereiche mitgewirkt. Meiner Erfahrung nach ist es ungemein wichtig, Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention mit Gewaltbetroffenen zu besprechen. Aus diesem Grund hat Bremen einen „Betroffenenbeirat“ eingerichtet, um früheren Opfern von Gewalt einen institutionellen Rahmen für ihre Einbeziehung zu geben. Der Landesaktionsplan war in Deutschland bundesweit einer der ersten Aktionspläne, der auf eine solch partizipative Weise ausgestaltet wurde. Nun geht es an die Umsetzung.
Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen, um Bremen zu einem sicheren Ort für Frauen zu machen?
Hier möchte ich die Kampagne „Gemeinsam.Sicherer.Feiern.“ nennen, die 2018 von Bremer Clubbetreiber:innen ins Leben gerufen wurde. Die Kampagne steht für mehr Achtsamkeit und Aufmerksamkeit bei Clubbesuchen und beim Feiern in und um Bremen, in der Kulturszene und im Nachtleben. Sie bietet Informationen für Clubbesucher:innen und Veranstalter:innen gleichermaßen.
Mit Anregungen und Checklisten dafür, wie das Party-Erlebnis für alle sicherer werden kann, trägt die Kampagne zur Bremer Kulturszene und zum Nachtleben bei. Veranstalter:innen, Clubbetreiber:innen und das Personal in Musikspielstätten werden darin geschult, in übergriffigen, gewaltvollen und diskriminierenden Situationen einzuschreiten und zu handeln.
„Awareness-Teams“ und „Awareness-Konzepte“ sind Teil vieler Veranstaltungen in Bremen, z. B. beim jährlichen Bremer Freimarkt oder am Wochenende in Ausgehvierteln mit einer lebhaften Kneipenszene. Bremen ist natürlich ein städtischer Raum, aber das Konzept ist für große Party-Events aller Art anwendbar.
Wie kann die Europäische Union Bremen dabei unterstützen, zu einem sicheren Ort für Frauen zu werden?
Die Europäische Union kann Regionen und Städten bei der Bekämpfung und Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt zur Seite stehen. Ferner kann sie einen Rechtsrahmen schaffen, um Bemühungen vor Ort zu unterstützen, und diese über Programme wie CERV fördern. Eine weitere Möglichkeit, Frauen zu stärken und zu befähigen, ist es, sie in ihrer finanziellen Unabhängigkeit zu unterstützen. In diesem Zusammenhang möchte ich den ESF+ mit seinen verschiedenen Projekten zur Beschäftigung von Frauen erwähnen. Nächstes Jahr haben wir Europäer:innen bei der Europawahl wieder die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass das Europäische Parlament unseren Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt weiter unterstützt. Ich kann in dieser Hinsicht nur jeden und jede auffordern, progressive Parteien zu wählen.
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Das Foto zeigt Antje Grotheer zusammen mit Katarina Barley, Geschäftsführende Vizepräsidentin der Sozialdemokratischen Partei Europas und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (S&D-Fraktion/Deutschland).
Bildnachweis des zweiten Bildes: L'Unità Awareness auf instagram